Als Yogini oder Yogi hast du schon hin und wieder mal deinen Ruf weg. Und
ganz ehrlich, auch ich dachte früher, was sind das für seltsame Menschen auf
irgendeinem eigenartigen Selbstfindungstrip, die in ihren Yogaräumen obendrein
noch ein Bild von ihrem Guru anhimmeln und lächelnd vor sich hinommmmmen. Jahre
später, kann ich so manches nachvollziehen. Ich hab auch gelernt, dass es Yogis
und Yogis gibt. Wenn du dich also entschließen solltest, mit Yoga zu beginnen
und du auf einen andersartigen Yogalehrer triffst, der so überhaupt nicht deins
ist, dann suche weiter. Es gibt im Yoga-Business nämlich nichts, was es nicht
gibt. Yoga zu praktizieren, bedeutet für mich, nicht nur Asanas zu üben,
sondern vielmehr die gesamte Bandbreite auszuschöpfen. Mal wieder den
Spontanatem wahrzunehmen. Ja, sag mal, wie oft nimmst du dir Zeit, deinen Atem zu
beobachten, so ganz unauffällig wie ein Detektiv? Wie hammermäßig Klasse ist es,
nachzuspüren, was die Vibration eines Klangs – also wenn du z. B. das Om tönst –
in deinem Körper bewirkt? Ein absolutes Erlebnis ist es, während Pranayama bewusst
den Atem zu lenken und hey, mal wieder spüren, was in deinem Körper so abgeht.
Die meisten erschrecken zutiefst, wenn sie Prana wahrnehmen, wenn Energie
bewusst zu fließen beginnt. Ganz wunderbar finde ich, wenn dir nach deiner
Yogapraxis so alles gleichgültig geworden ist. Ein unbeschreibliches Gefühl,
für das es sich immer und immer wieder lohnt auf die Matte zu gehen.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Ich merke oft, wie ich so ganz süffisant
belächelt werde, wenn Bekannte und Freunde hören, dass ich Yoga praktiziere. Da
haben sie ein Weltbild vor Augen und dann komme ich und sorry, zerstöre wohl
deren Weltbild. Das geht schon mal auf der optischen Ebene los. Ich kann alles
andere als einen Gazellenkörper vorweisen und ebenso wenig kann ich mich wie
ein Schweizer Taschenmesser zusammenklappen und das Bein hinter den Kopf
stecken. Tja, aber dafür bin ich gut geerdet. Ja, so ist es das Leben, man kann
eben nie alles haben. Im Yoga geht es auch nicht darum, gut auszusehen oder möglichst gelenkig zu sein. Es geht darum, sich zu fühlen und zu spüren. Wahrzunehmen was ist ohne zu werten.
Dann ist da vielleicht auch noch die Vorstellung von der Esoterikschiene,
die ich dann auch nicht bedienen kann. Wahrscheinlich falle ich unter die
Kategorie Durchschnittsyogi, relativ normal, dennoch etwas andersartig. Klingt
irgendwie langweilig. Relativiert sich aber wieder durch eine Aussage eines meiner
männlichen Yogis der meinte, „irgendwie bist du total abgefahren und dann doch
wieder ganz normal“. Puh, hab ich nochmals Glück gehabt, denn langweilig will
man ja irgendwie auch nicht sein.
Selbst in sozialen Netzwerken merke ich, dass sich Menschen lieber
sicherheitshalber von mir als Yogini distanzieren. Denn logisch wäre doch
eigentlich, dass mir z. B. auf Instagram die Menschen folgen, die ich
persönlich kenne, tun sie aber oftmals nicht. Mein Instagram-Account schimpft
sich yoga.by.bettina, aber ich poste auch nicht ständig Yoga-Bilder. Stellt
sich nun die Frage, warum nur will jemand absolut nicht mit Yoga in Verbindung
gebracht werden. Hat er oder sie gar Angst sich selbst zu entdecken?
Und dann – uaaaahh – ich wohne in einem kleinen 900-Seelen-Dorf. Man kennt
sich!!!!! Jahrelang war ich die, die im Sportverein bespaßt und Menschen zum
Schwitzen gebracht hat. Ja und nun übe ich Yoga. Ich kann mich noch gut
erinnern als ich vor einigen Jahren zu meinen Sportlern sagte und heute üben
wir mal Yoga. Da muss ich echt immer noch grinsen wenn ich daran denke. Ich
habe da so ein Abschlussritual, bei dem ich sage „Voller Respekt und Achtung
verneige dich im Inneren vor dir selbst und im Außen verneigen wir uns
voreinander“. Die haben mich angeschaut, als wäre ich von einem anderen Stern.
Ich hätte damals sagen sollen, ja ich bin Yoda. Das wäre der Brüller gewesen.
Das Ommmen gab ihnen den Rest.
So ein Akt der Transformation ist nicht ganz einfach. Wenn du es gewohnt
bist, gut besuchte Sportstunden zu haben und nun auf Yoga umschwenkst, dann
musst du erst mal damit zurecht kommen, dass dich Heerscharen verlassen. Eine
von mir sehr geschätzte Yogalehrerin gab mir damals Halt, in dem sie mir
zusprach „Ja, dich werden einige Menschen in deinen Gruppen verlassen, aber es
werden viele neue dazukommen“. So war es dann auch. Aber zunächst wirst du ja
erst mal verlassen und das fühlt sich absolut nicht gut an.
Mittlerweile unterrichte ich nur noch Yogaklassen und bin so unsagbar
glücklich und dankbar für diese Menschen, die sich sogar nach der Stunde bei mir bedanken. Das hat im Sport niemals jemand getan und schlecht
hab ich das bestimmt auch nicht gemacht. Einige der Sportler sind den Yogaweg
mit mir gegangen und sind bis heute treu
an meiner Seite. Es erfüllt und freut mich zu sehen, wie sich diese Menschen
entwickelt haben. Yoga wirkt halt nicht nur körperlich, sondern auch auf der mentalen Ebene.
Warum schreibe ich das denn nun hier? Vielleicht geht es dir ja auch so,
wie mir vor vielen Jahren. Irgendwie reizt dich der Yoga, du hast aber mal eine
schräge Erfahrung gemacht und dich seither nicht mehr ran getraut. Suche
weiter, dein Yogalehrer oder deine Yogalehrerin wartet da draußen auf der
großen weiten Welt noch irgendwo auf dich. Meine Erfahrung ist, dass manchmal
gerade dass, wovor man sich lange Zeit versucht zu distanzieren, das ist,
was einen magisch anzieht. Lass das Leben etwas magisch werden, das hat durchaus Charme.
Das NORMALE manches Mal mit etwas VERRÜCKTHEIT anzureichern hat durchaus seine Qualitäten – probier es aus!!!! Werde ein ganz normaler Yogi und pfeif auf das, was andere von dir denken.
Namaste
Bettina
Bettina
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